03.03.03 1. FC Nürnberg – VfL Wolfsburg autor: libero

... oder die Lüge der Kompensationshandlung

Es geht das Gerücht um, manche Menschen, oftmals Vertreterinnen des weiblichen Geschlechts, versuchen durch so genannte Kompensationshandlungen wie Shopping oder hemmungslosen Schokolodenkonsum, Bedürfnisse zu befriedigen, die eigentlich auf ganz andere Art und Weise gestillt werden müssten. Ich werde ab sofort diesbezüglich ganz gezielte Nachforschungen anstellen müssen, da es für mich außer Frage steht, dass so etwas überhaupt möglich ist. Wie komme ich zu dieser Annahme?

Seit meinem 25. Geburtstag bin ich, was solche Kompensationshandlungen betrifft, ein gebranntes Kind. Schließlich verpasste ich einen Tag vorher, aufgrund einer äußerst bösartigen Autopanne, das Auswärtsspiel des FC St. Pauli in Mainz. Am darauf folgenden Tag, mein Geburtstag, erreichten wir trotzdem überpünktlich die Frankenmetropole um dem Gastspiel des VfL Wolfsburg beim "Club" beizuwohnen. So viel vorweg: das Highlight war der freundlichste Bierverkäufer der Welt, der am Schrebergarten das Bier auf eine sehr gewinnende Art an die Frau und den Mann brachte und ihnen beim Einschenken schon mindestens drei mal "Zum Wohl" wünschte. Hut ab!

Es fanden sich ca. 18000 Zuschauer zu einem sehr dürftigen Bundesligaspiel ein und ich denke, selbst die wenigen mitgereisten Wolfsburger konnten diesem Nachmittag nicht viel Positives abgewinnen. Gut, ihre Mannschaft erzielte in der Nachspielzeit noch den Ausgleichstreffer durch Maric, nachdem Müller die Franken, mittels eines fragwürdigen Elfmeters, in der 25. Minute in Führung brachte. Mehr muss zu so einem Spiel nicht geschrieben werden!

Jetzt bin ich als St. Pauli-Fan natürlich kein Fußballästhet und qualitativ schlechten Fußballsport hinreichend gewöhnt. Was mir den Tag verhagelte, war vielmehr das ganze Drumherum in Nürnberg. Als erstes ist anzumerken, dass der Idiotenblock (diese Bezeichnung stammt nicht von mir, sondern von einem Club-Fan, dessen Einschätzung ich jedoch uneingeschränkt teile!) seinen persönlichen Vorturner bekommen hat und einen sehr zufriedenen Eindruck macht, wenn dieser, positioniert auf einer extra für ihn installierten Vorrichtung, per Mikrofon die Sprechchöre vorgibt. Schon praktisch, wenn einem die Entscheidung über die Art und Weise des Supports zu 100% abgenommen wird. Ich bezeichne so etwas als Entmündigung und als nichts anderes. In anderen Stadien sind die Zuschauer schon vom Berufsspaßvogel des örtlichen Radiosenders genervt genug, während sie in Nürnberg von solchen Clowns nicht genug bekommen können. Ja nicht das eigene Gehirn benutzen, nur nichts reflektieren, lieber mitmachen beim zweifelhaften Kollektiv-Erlebnis! "Und die Hände zum Himmel, kommt lasst uns dämlich sein..."

Wenn sich jemand ein Fußballspiel 90 Minuten lang mit dem Rücken zum Spielfeld "ansieht", kann ich so einen Menschen doch nicht als Meinungsbildner, und das ist er letztendlich, wenn die Leute seinen Befehlen folgen, akzeptieren! Absolut kein Verständnis meinerseits!

Ebenfalls meinen Unmut zog einer von der Gestapo auf sich, äh die gibt's ja in dieser Form gar nicht mehr, kleiner Fehler meinerseits, ich meinte natürlich, ein Mitglied des Bundesgrenzschutzes missfiel mir sehr. Es ist natürlich nachvollziehbar, dass man vier Jugendliche im Alter von 16-18 Jahren für den Staatsschutz fotografieren muss, wenn sie ein Transparent "Kein Blut für Öl!" hochhalten! Wehret den Anfängen! Wer ein Transparent mit sich führt, bastelt als nächstes Molotow-Cocktails, dann klaut er Waffen und baut Bomben und schließlich entführt er Passagierflugzeuge um sie in die BMW-Zentrale zu stürzen. Natürlich, was denn sonst?

Engagierten und um ihre Zukunft besorgten Jugendlichen, mit polizeilichen Methoden aus der untersten Schublade zu begegnen, zeugt nicht nur von Paranoia und schlechtem Stil, es ist auch die Kriminalisierung jeglicher, von der staatstragenden Partei abweichenden, eigenen Meinung. Deutschland, Deutschland alles ist vorbei!

Ein Besuch in Nürnberg im Frankenstadion entpuppte sich als denkbar ungünstige Kompensationshandlung an diesem Wochenende und damit sollte sich auch der Untertitel erklärt haben.

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