07.03.03 FC St. Pauli ­ SV Waldhof Mannheim autor: casigordo

Wer die Spielberichte dieser Begegnung im Kicker oder in der MoPo gelesen hat, kommt zwangsläufig zu dem Ergebnis, einen überlegenen FC gesehen zu haben, der verdient drei Punkte eingefahren hat.
Ich wünschte, ich hätte das selbe Spiel gesehen.

Wie eigentlich immer, wenn ich Gast in dieser symphatischen Bruchbude Millerntor sein darf, begann ich auch dieses Spiel ca. ein bis zwei Stunden vor Anpfiff mit einigen wenigen Holsten (manchmal auch gerne Astra).
Erstmal eingestimmt und etwas spät dran (auch eigentlich wie immer) ging es dann Richtung Südkurve, für die ich Nachmittags ein paar der letzten Karten ergattern konnte.

Kurz vor Anpfiff gab's noch ein kleines Unterhaltungsprogramm, diesmal als Mitwirkender ein Mannheimer Ultra. Dieser Trottel hat sich, statt im Gästeblock stehen zu bleiben, auf den Zaun vor dem Block gesetzt, und ein paar provokante Gesten in die Pauli-Kurve gemacht. Eine gepflegte Bierdusche war die Quittung, sehr spaßig.

Anpfiff:
Pauli begann schwungvoll und konnte sich in den ersten Minuten eine deutliche Feldüberlegenheit erarbeiten. In der 12. Minute dann bereits die Führung, ein wundervoller direkter Freistoß von Blank, ca. 20m halb links. Unter tatkräftiger Mithilfe des Mannheimer Keepers zappelte der Ball tatsächlich in den Maschen und freudestrahlend lagen wir uns zu Song 2 in den Armen.
Dann allerdings driftet meine Spielbeobachtung deutlich von den oben erwähnten ab. St.Pauli wirkte übernervös und hatte es nicht geschafft, sich aus der eigenen Hälfte zu befreien.
Nicht das Mannheim druckvoll und gefährlich war, vielmehr hatten die Pauli-Akteure es einfach nicht verstanden, mal drei Pässe am Stück unfallfrei abzuspielen, so dass Mannheim immer und ständig im Ballbesitz war. Torgefahr strahlten die Gäste zwar nicht aus, aber wer Pauli kennt, weiß das die eigene Abwehr schnell mal die zündende Idee für Gegners Angreifer parat hat.
Kurz vor der Pause flog dann der Mannheimer Camus wegen wiederholten Foulspiels vom Platz.

1:0 in Front, einer mehr auf dem Platz, eigentlich sollte St.Pauli die zweite Hälfte etwas souveräner angehen. Dachte ich.
Die ersten 15 Minuten gehörten wieder uns, die Jungs drängten auf das 2:0.
Die beste Chance vergab dabei Gruszka, der sich über rechts durchsetzte und aus etwas spitzem Winkel aus ca. 10 m kläglich vergab. Ein Querpass auf N'Diaye wäre hier wohl besser gewesen.
Dann jedoch stellte Pauli den Spielbetrieb weitest gehends ein, und Mannheim war mit 10 Mann deutlich feldüberlegen. Diverse Fans neben mir schrieen sich die Seele aus dem Leib, denn wir alle spürten, was gleich passiert. Irgendwie wurden wir ja auch für so ein Gefühl über Jahre sensibilisiert.
So geschah es, dass sich Pauli in der 73. Minute über rechts aus der Umklammerung lösen wollte, Stani den Ball aber ca. bei Meter 25 von der eigenen Grundlinie gerechnet verlor und postwendend ein Konter eingeleitet wurde, der durch den eingewechselten Fickert mustergültig mit dem Kopf abgeschlossen wurde.

Ein Konter ? Wir waren doch die ganze Zeit in der Defensieve! Typisch Pauli.
Trainer Gerber reagierte, und brachte für den ausgepowerten Chris Patschinski und später für den glücklosen N'Diaye Yang. Pauli wieder im Vorwärtsgang, irgendwie wirkte das alles aber nicht durchdacht. Die wenigen Bälle, die bis zum Mannheimer Keeper durchdrangen, wurden relativ leicht von diesem weggepflückt. Ich glaubte nicht mehr an einen Sieg. Die Erlösung dann kurz vor Schluß. Ich hab gar nicht genau gesehen, wie es passierte, aber irgendwie hat Held das Ding aus kurzer Distanz reingemarmelt, sehr glücklich, wie ich finde. Sehr zögerlich wurde zum dritten mal an diesem Abend Song 2 angespielt, nachdem der zweite Versuch bei einem nicht gegebenen Tor von N'Diaye zu vorschnell gespielt wurde. Nach dem Abpfiff zitterten mir noch mindestens 10 Minuten die Knie, so sehr, das ich nicht im Stande war, irgendwas anderes zu machen, als auf das Spielfeld zu starren.

Mein persönliches Fazit:
Ich begreife nicht, warum Pauli sich immer selbst in Gefahr bringt, sogar gegen schwache Gegner und warum sie nach einer Führung mit dem Fußballspielen aufhören (War in Mainz und gegen Union genauso).
Der Fußballgott scheint aber langsam wieder Gefallen an St. Pauli zu finden, sonst hätten wir dieses Spiel niemals gewonnen.

 

Fakten:

St. Pauli: Müller - Inceman - Stanislawski, Nascimento - Chris (78. Patschinski), Gruszka, Fröhlich (64. Adamu), Gerber, Blank - Held, N'Diaye (81. Yang)

Mannheim: Nulle - Kowalik - Ifejiagwa, Schmidt - Ratkowski, Zinnow, Rus, Camus, Everaldo - Mamoum (81. Alexander Göhring), Kern (58. Fickert)

Schiedsrichter: Stachowiak (Duisburg)

Tore: 1:0 Blank (12.), 1:1 Fickert (73.), 2:1 Held (89.)

Zuschauer: 19.000

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