27.02.03 VfB Stuttgart ­ Celtic Glasgow autor: alteheide

Hail! Hail! The Celts are here!

Stell Dir vor, es überrennen 10.000 auswärtige Anhänger des Fußballsports eine süddeutsche Provinzstadt, kaufen die Alkoholvorräte in der Innenstadt auf, lassen sich auf dem lieblichen und bis dato sorgsam gepflegten Schlossplatz nieder bzw. funktionieren ihn im Verlauf des Nachmittags zum Fußballplatz um, hinterlassen hierbei ein Szenario wie nach einem 3-Tage-Festival und singen dann auch noch viel lauter als der versprengte Haufen einheimischer Fans. Und: Keiner nimmt es ihnen übel, verwünscht diesen ganzen Proletensport oder be-schließt, ab jetzt öfter mal zum Tennis zu gehen.

Wenn dem so ist, dann ist eine potentielle (und in diesem Falle zutreffende) Erklärung: Celtic Glasgow und Anhang geben sich die Ehre. Nicht allzu oft trifft der schöne Begriff "Fankultur" besser zu als hier und heute: Sie brüllen nicht, sondern singen; sie singen ihre Lieder, und das auf eine Art und Weise, für die das Wort "inbrünstig" extra erfunden werden müsste, existierte es nicht bereits. Die Stadt ist in grün-weiß getaucht, und doch kommt einem in keinem Moment der Gedanke an eine "Invasion". Zugegeben: Auch sie sind extra laut und trinken viel zuviel und pissen in jede Hecke und rufen den Frauen hinterher, und doch erinnert all dies überhaupt nicht an vergleichbare Szenen hierzulande. Der schale Nachgeschmack fehlt. Was vielleicht daran liegt (ich mag keine Verallgemeinerungen, aber die hier muss jetzt sein), dass die Leute auf der Insel tendenziell eine humorvollere Sicht auf die eigene Peson haben, und diese Selbstironie vielen Situationen einfach das Ernsthafte nimmt und damit auch das Unangenehme. Davon mehr in unserem Land, das wäre genauso schön wie es utopisch ist. Über das Spiel gibt es nicht viel zu berichten; die Celts führten nach einer Viertelstunde mit 2:0, womit der Käse schon so gut wie gegessen war. Die Stimmung im Stadion war gut, echte Europapokal-Atmosphäre, auch von den Stuttgartern kam mehr als erwartet. Das Neckar-Stadion ist zwar auch so eine Schüssel, an diesem Abend war es aber zumindest eine Schüssel der vollen Art. Wobei es doch tatsächlich wieder Leute gab, die das Stadion vor dem Abpfiff verließen. Aber das wissen wir ja alle: Dummheit kann man nicht verbieten, und irgendwie ist das ja auch gut so.

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