30.04.04
1860 München (Am.) – FC Bayern Hof
2:1
Grünwalder Stadion, München
autor:
alteheide

Freitagabend, 19 Uhr: Die perfekte Zeit, sich ein wenig Fußball zu genehmigen.

Der FC Bayern Hof war in der Stadt, um noch einmal im Grünwalder aufzuspielen, bevor sich der Verein in die Landesliga verabschiedet. Wenn es überhaupt noch eine Chance gab, die Klasse zu halten, dann wurde sie durch diese 1:2-Niederlage gegen die U 23 der Löwen wohl endgültig verspielt. Damit ist Bayern Hof zum ersten Mal in seiner Geschichte fünftklassig. Traurig, aber (wenn man den Realisten unter uns Gehör schenkt/schenken würde) wahr: Nichts hält auf immer und ewig.

Ein Traditionsverein verlässt uns (vorübergehend), aber was macht das schon? Es spielen dafür ja genügend Amateur- bzw. 2. Mannschaften von höherklassigen Clubs in der Bayernliga, zum Teil vor nicht mehr als 50 bis 100 Zuschauern. Stört ja anscheinend nicht weiter. Schließlich brauchen die „großen“ Vereine ja ihren Unterbau, wo kämen wir denn hin? Wo sollen sich Profikicker nach langer Verletzungs- oder Depressionspause denn auch sonst ihre wie auch immer geartete verloren gegangene Fitness zurückholen?

Ich sag Euch wo: in einer eigenen Amateurliga, nach englischem Vorbild. Da können sie dann nach Lust und Laune den Wettbewerb verzerren oder auch nicht. Aber dass sich – wie es derzeit in der Bayernliga der Fall ist – unter den ersten sieben Mannschaften der Tabelle fünf 2. Mannschaften befinden, das finde ich einfach (Achtung: Lieblingswort!) beschissen. Das macht den Unterbau des deutschen Fußballs nämlich kaputt und nicht umgekehrt. So.

Bayern Hof ging früh in Führung, aber dieses kleine Senfkorn Hoffnung hat sich dann wohl irgendeiner dieser Primaten, die die 60-Amateure im Grünwalder „unterstützen“, auf seine Leberkässemmel gepackt und runtergewürgt. Man hatte zumindest nie das Gefühl, dass die Bayern die drei Punkte tatsächlich mit nach Oberfranken nehmen könnten. Zur Pause führten sie zwar noch, letztendlich gewannen die Löwen aber hoch verdient, denn Hof hatte in der zweiten Halbzeit nicht einmal den Hauch einer Chance.

Apropos „Primaten“: Natürlich sind auch viele Leute da (wenn man bei einer Zuschauerzahl von ca. 200 überhaupt von „vielen“ sprechen kann), weil sie dem Fußballsport einfach bedingungslos verfallen sind, aber: wenn dem so ist, dann müssen sie auch den Leuten, die direkt neben ihnen stehen und gegnerische Spieler wahlweise als „Kanaken“, „Stricher“ oder „Schwuchtel“ titulieren, auch mal gehörig übers Maul oder sonst wohin fahren. Denn wenn es selbst in diesem überschaubaren Kreis so etwas wie Fankultur nicht mehr gibt bzw. selbige nicht mehr eingefordert wird, wo dann? Im Olympiastadion bestimmt nicht.

 

 

01.05.04
1860 München – Bayer Leverkusen
1:1
Olympiastadion, München

…wo am Samstag sensationelle 32.400 Zuschauer versammelt waren, um sich den Kampf des TSV 1860 München um den Klassenerhalt anzusehen. Ich hingegen hatte nur einen einzigen Beweggrund, das schönste Leichtathletikstadion der Welt aufzusuchen - die Gelegenheit nämlich, meinen absoluten Lieblingsspieler zu begutachten: Carsten „Hackstock“ Ramelow. Erst seit ich diesen Menschen zum ersten Mal Fußball spielen sah, weiß ich, was das schöne Wort filigran wirklich bedeutet. Und als ob er am Mittwoch beim Länderspiel in Rumänien noch nicht zur Genüge gezeigt hätte, was er drauf hat, durfte er in München noch einmal als Abwehrchef ran. Ein Fest für jeden Fußballästheten. Vielen Dank, Auge! Ich setzte mich zurück und genoss.

Doch eigentlich ärgerte ich mich: Ein vernünftiger Gegner hätte den 60ern vier oder fünf Tore eingeschenkt, soviel ist sicher. Leverkusen war wirklich schlecht, die Blauen hingegen befinden sich scheinbar auf dem aufsteigenden Ast. Das Unentschieden geht wohl in Ordnung.

Über den Stadionsprecher und sonstige – wie üblich – Würgereiz auslösende Ärgernisse am Rande des Spieles möchte ich mich diesmal nicht auslassen. Eines würde mich aber schon interessieren: Warum sind 60-Fans nur dann so richtig laut, wenn es nicht in erster Linie um den Support der eigenen Mannschaft geht, sondern um das Dissen des Gästeteams, des Schiedsrichtergespanns oder des Lokalrivalen?

 

 

02.05.04
SpVgg Unterhaching – Wacker Burghausen 1:2
Sportpark, Unterhaching

Und warum, um Himmels Willen, ist es im Sportpark zu Unterhaching in der Halbzeitpause SOOOO laut, dass eine normale Unterhaltung schlichtweg unmöglich ist? Weil sie auch hier einen Animationsdeppen haben, der ein blödes Torwandschiessen zum Event des Jahrzehnts hochsterilisieren will und/oder muss. Jedenfalls grenzt das schon an Gesundheitsgefährdung. Lärmt macht ja bekanntlich krank, aber mir ist da selbst die permanent gleichtönig an meiner Wohnung vorbeirollende Blechlawine hundertmal lieber als dieses Jahrmarktgeschreie vom Hachinger Obertrottel.

Da gönnt man ihnen eine Niederlage doch gleich noch viel mehr, insbesondere wenn es gegen unsere Freunde von Wacker Burghausen geht. Ungefähr 1000 hatten sich auf den Weg gemacht, um ihre Mannschaft in dieser prekären Situation (16. Platz: ein Dreier war Pflicht) zu unterstützen.

Tore fielen erst nach dem Seitenwechsel. Der Führungstreffer für den SVW muss ganz toll gewesen sein. Ich habe ihn nicht gesehen, weil ich mir eine Bratwurst holen wollte, die ich mir aber dann nicht holen konnte, weil es nämlich KEINE MEHR GAB!!! Es gab Anfang der zweiten Halbzeit schon keine Bratwürste mehr! Das nenne ich mal einen lupenreinen Skandal. Nun ja. Später dann aber passierte etwas, was mich die Bratwurstaffäre vergessen ließ: Moktari erzielte ca. 10 Minuten vor Schluss mit einem herrlichen Freistoß das 2:0 für Wacker. Das an sich war ja schon erfreulich genug, aber die Konsequenz aus diesem Tor war wahres Balsam für alle Besucher mit mehr als minus fünf Gehirnzellen: Die normalerweise just um diese Zeit vom Herren Stadionsprecher ausgerufenen „10 Minuten Dauer-Power!!!“ und das hinterher geblökte „Auf geht’s Haching!!!“ entfielen ersatzlos. Der Anschlusstreffer vier Minuten vor Ende der Partie änderte nichts mehr daran, dass es letztlich noch ein schöner Fußballnachmittag wurde, mit den schönen Idiotensportlern an meiner Seite und der Gewissheit, dass es vielleicht doch so etwas wie ausgleichende Gerechtigkeit gibt in diesem, unserem armseligen Leben. >>>Bilder

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