09.08.04
Alemannia Aachen – Eintracht Frankfurt 1:1
Tivoli, Aachen
autor:
alteheide

Endlich auf zum Tivoli! Schön, dass es die Montagsspiele gibt – solange man nicht selbst, in dem Fall als Fan des FC St. Pauli, davon betroffen ist. (Darüber mache ich mir im Moment aber keine größeren Sorgen).

Vor dem Stadion, das etwas außerhalb der Stadt liegt und lediglich von einem Linienbus angesteuert wird, waren schon zwei Stunden vor Spielbeginn ordentlich Leute unterwegs; darunter auch die üblichen Spacken, an die ich mich einfach nicht gewöhnen kann, die aber scheinbar in Deutschland zum Erlebnis Fußball gehören wie alkoholfreies Bier und stinkende Klos – Leute, die man nicht spontan auf eine Kugel Strachiatella-oder Nuss-Eis einladen möchte, nur weil sie aussehen, als hätten sie was interessantes zu erzählen. Ein Shirt fand ich besonders toll: Combat 18 – Die Jungs fürs Grobe... Großes Tennis, sich auch noch zu brüsten mit seiner eigenen Dummheit. Aber warum eigentlich nicht? Dieter Bohlen ist damit schließlich so was von reich geworden!

Der Tivoli war mit über 20.000 Zuschauern fast vollständig gefüllt. Das Einsingen und –klatschen in der Gegengeraden (die gänzlich aus Stehplätzen besteht) begann schon über eine Stunde vor dem Spiel. Dementsprechend laut und stimmungsvoll war es dann auch über fast die gesamten 90 Minuten. Besonders ragten die Wechselgesänge mit den Stehtribünen hinter den Toren heraus. Da kann das Millerntor derzeit mal schön einpacken. Dennoch blieb insgesamt ein schaler Eindruck zurück, weil es halt überhaupt nicht geht, dass die Gästefans zehn Minuten vor Schluss plötzlich mit Sprechchören als „Asylanten“ beschimpft werden, und zwar nicht von ein paar vereinzelten Spinnern, sondern von der halben Gegengeraden. Aber so etwas stört ja heutzutage niemanden mehr, außer solch einen windigen Erbsenzähler wie mich.

Ich verbrachte das Spiel neben einem Mitglied der Frankfurter Sektion der Hell’s Angels, der aber gar nicht mal so unangenehm war wie er aussah. Er hatte sein Bier und seine Wurst - zum Teil auch im Bart - , und das stellte ihn zufrieden. Für das Geschehen auf dem Rasen interessierte er sich eh kaum, weil „die Eintracht gewinnt ja sowieso.“ Eigentlich hat der Herr ein gutes Spiel verpasst. Die Aachener begannen extrem druckvoll und erarbeiteten sich eine Vielzahl von Torchancen. Ihr permanentes Anrennen wurde allerdings nicht belohnt. Erst nach einer halben Stunde bekamen die Frankfurter das Spiel etwas besser in den Griff; in der Offensive indes gelang wenig.

Nach dem Seitenwechsel sahen die Zuschauer ein wesentlich ausgeglicheneres Spiel, das auf hohem Zweitliganiveau flott hin- und herwogte. Eine Viertelstunde vor Schluss - mein neuer Kumpel von den Hell’s Angels hatte sich längst nach hinten an den Würstchenstand verdrückt, nicht ohne vorher noch einen Kracher zu liefern, als er meinte, die Eintracht werde es in Punkto Aufstieg diese Saison sehr schwer haben, weil sie ja schon seit Jahren immer wieder betrogen wird(!!!) – genauer gesagt in der 76. Minute also gelang Alex Meier nach einem perfekten Frankfurter Konter das 0:1. Derselbe Alex Meier, der unerklärlicherweise beim HSV nicht glücklich geworden war... Aachen konnte kurz vor Schluss ausgleichen, was ein halbwegs gerechtes 1:1-Endergebnis zur Folge hatte.

Bleibt noch die Frage, die ich mir stellte, als ich ein paar Stunden später aus dem Düsseldorfer Hauptbahnhof vertrieben wurde und mir dämmerte, dass ich die Nacht in einem Bushäuschen würde zubringen müssen: Ist ein einzelnes Fußballspiel die ganzen finanziellen und körperlichen Strapazen wert, die man dafür auf sich nimmt? Natürlich ist es das, antwortete ich mir, blöde Frage. Zufrieden lehnte ich mich zurück und wartete auf den ersten Zug in Richtung Bett.

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