01.12.2007
1. FC Nürnberg Amateure – FC Bayern Hof
Sportpark Valzenerweiher, Nürnberg
Bayernliga
autor: philantrop

 

Der philantrop erlebte einen denkwürdigen Tag in der Stadt Nürnberg und weiß auch zwei Tage später noch nicht so genau, wie er seine Erlebnisse einordnen soll.

Er stand am Samstag um kurz vor Neun am Münchner Hauptbahnhof, wunderte sich, dass gleich zwei Züge Menschen zum Christkindlesmarkt nach Nürnberg brachten, fragte sich, wer dann noch den Weihnachtsmarkt in München besucht, sah dann aber Menschenmassen aus Franken aussteigen. Gute Idee, dieser München-Nürnberg-Express, so bleibt die Bevölkerung mobil und rostet nicht ein.

Knappe zwei Stunden später kam der philantrop dann auch schon am Nürnberger Hauptbahnhof an, kaufte sich einen Kaffee und aß dazu ein Butterhörnchen. Als er am Bahnhofsvorplatz eine Zigarette rauchte, vernahm er auch schon laute Britannia Rufe, der Hofer Anhang war also angekommen und im Handwerkerhof wurden ein paar Glühwein mit Schuss zu sich genommen.

Obwohl das Spiel schon um 13:00 Uhr angepfiffen wurde, blieb noch Zeit für einen Besuch der Stuhlfauth-Stuben. Die Stimmung war gut, beide Fangruppen unterhielten sich, es war nicht kalt und einem fröhlichen Jahresausklang schien nichts im Wege zu stehen. Der philantrop war bester Laune, als er den Sportplatz betrat und war sich sicher, alles richtig gemacht zu haben.

So stand er also da, im siebzehn Mann starken Hofer Block, mit 150 anderen Zuschauern, die sich dieses Spiel auch nicht entgehen lassen wollten. Nürnberg steht auf einem Aufstiegsplatz, die Hofer Bayern sind Vorletzter, doch die Mannschaft konnte am Wochenende zuvor die SpVgg. Weiden besiegen und eine dreimonatige Heimmisere beenden. Der Torhüter hielt gut, der Support war es ebenso. Die Ordner waren auch guter Laune und den Polizisten, die hinter uns in ihrem VW-Bus saßen, schien ein ruhiger Nachmittag bevor zu stehen.

Nach etwa fünfundzwanzig Spielminuten, es stand immer noch Null zu Null und die Hoffnung stieg nach den ersten Offensivaktionen, trat ein Hofer Fan gegen die Bande. Da dies ein Vorfall ist, der auch im modernen Fußball durchaus häufiger zu beobachten ist, schenkte ihm der philantrop auch keinerlei Aufmerksamkeit und unterstützte die Hofer weiter lauthals.

Die Polizei hatte jetzt aber genug, Verstärkung wurde angefordert, die Kamera wurde ausgepackt und der philantrop musste zu allem Überfluss auch noch zur Toilette. Ihm wurde mitgeteilt, dass selbiges derzeit nicht möglich sei, man müsse erst die Personalien aller anwesenden Hofer Zuschauer aufnehmen, er solle Verständnis für diese Maßnahme haben und sich ruhig verhalten, es käme einer nach dem anderen dran.

Der philantrop fühlte sich nun nicht mehr so gut, er wurde wütend, zeigte dies aber nicht. Als er an die Reihe kam wurde ihm bescheinigt, dass er ganz vernünftig aussehe, er nicht auffällig wurde und deshalb auch nicht in Polizeigewahrsam genommen würde, behielte er dieses Verhalten bei.

Als er seinen Personalausweis zurück bekam und mit einem beherzten Sprint endlich die Toilettenanlage erreichte, ertönte auch schon der Anpfiff zur zweiten Halbzeit. Doch war ihm das Spiel mittlerweile herzlich egal und er verbrachte den Rest des Spiels in der Kneipe, wo sich Hofer und Nürnberger zum wiederholten Male an diesem Tag freundschaftlich unterhielten. Die Personenkontrollen zogen sich hin und einer nach dem anderen gesellte sich kopfschüttelnd dazu.

Das Spiel endete dann auch und der philantrop wollte gemeinsam mit acht weiteren Hofer Fans in den Bus Nr. 44 steigen, um zum Hauptbahnhof zurück zu fahren. Es ist dem philantrop in seinem Leben auch schon passiert, dass er ein Bier zuviel erwischt hatte und dann auf der Straße tanzte, an diesem Samstag erging es jemand anderem genauso und dieser Jemand tanzte halt vor dem heranfahrenden Bus herum. Irgendwie muss man seine Erlebnisse ja verarbeiten, der philantrop sieht das so. Der Busfahrer öffnete die Tür nicht, die Polizei verließ ihre Lauerstellung, fuhr an die Haltestelle heran, stieg aus und als das schöne Wort „kurva“ fiel, lagen auch schon drei Menschen am Boden, zwei wurden mit Kabelbindern gefesselt und die Situation erschien dem philantrop doch sehr bedrohlich. Wieder wurde er gefilmt und es wurde ihm untersagt, zum Hauptbahnhof zu fahren. Er wurde sehr wütend, da einer der zu Boden Geworfenen im Gesicht blutete und auf dem Boden knien musste. Er fragte sich immer wieder, was eigentlich an diesem Nachmittag geschehen ist und fand keine einleuchtende Antwort. Nach langen Diskussionen und der Androhung, bis auf zwei Leute alle Hofer in Gewahrsam zu nehmen, durfte der nun dezimierte Anhang zum Bahnhof fahren, eskortiert von einem vollbesetzten Polizeibus.

Dort angekommen wollte der philantrop natürlich zur Polizeiinspektion Erlenstegen, da der in Gewahrsam Genommene Solidarität verdient hatte. Das durfte er nicht, dem philantrop wurde vielmehr eröffnet, dass er mit dem nächsten Zug die Stadt Nürnberg zu verlassen habe. Nun fühlte er sich seiner Grundrechte beraubt und wusste nicht mehr, was er denken sollte, war aber immer noch überzeugt davon, dass nichts vorgefallen war, was die Maßnahmen gerechtfertigt hätte. Eigentlich wollte er an diesem Samstag nur sein Recht ausüben, Bayern Hof zu supporten, nun hat er seit zwei Tagen Angst, in eine Datei zu geraten, die sich Gewalttäter Sport nennt.
Als sich auf der Rückfahrt zwei junge Frauen darüber unterhielten, dass der H&M in Nürnberg besser sortiert sei als der H&M in München und sich deshalb die Fahrt für sie gelohnt hätte, schlief der philantrop ein und wachte erst in Petershausen wieder auf. Und er war sehr froh darüber, dass er sich schon zwei Tage zuvor mit einer Freundin zum Trinken verabredet hatte, und mit jedem Glas konnte er die Situation dann doch endlich besser handhaben.

Das Spiel endete Zwei zu Null für Nürnberg Amateure, Doppeltorschütze Weber.


zurück