autor: alteheide

Haldern Pop, 6./7. August 2004

Ein großes Festival, fürwahr. Eben weil es nicht so groß ist. Kein Monster. Strikt ist die Auswahl der Musiker – es spielen nur Künstler, die den Veranstaltern selbst am Herzen liegen. Ein Open Air vom Fan für den Fan gewissermaßen. Indie für das Volk. Naturgemäß sind die Grenzen zum Mainstream nicht immer ganz klar zu ziehen – doch wenn Starsailor Mainstream sind, dann höre ich eben gerne Mainstream.

An beiden Tagen kamen ca. 5.000 Menschen auf den alten Reitplatz nach Rees-Haldern, gelegen im Irgendwo zwischen Kleve, Wesel und Bocholt. Größer ginge es wohl, soll es aber nicht. Die Veranstalter – ein Konsortium aus über 100 „Aktionären“, die mit Besitz einer Aktie aber keinen Anspruch auf monetären Gewinn, sondern eine Verpflichtung zur Mitarbeit innehaben – legen vielmehr Wert auf anspruchsvolle Musik in einem (relativ) überschaubaren und gemütlichen Rahmen, ganz im Sinne des geneigten Festivalbesuchers. Der Gewinn wird sowieso komplett in das nächste Festival reinvestiert. Und eine kleine Tochter hat Haldern Pop inzwischen auch bekommen: das neugegründete Plattenlabel Haldern-Pop Recordings.

Mehr über die bemerkenswerte Philosophie der Festival- und Label-Macher, zitiert aus dem diesjährigen Programmheft: „Genau wie das Festival glaubt Haldern-Pop Recordings an das Unerkannte, Unscheinbare, an die Leidenschaft in der Musik. [...] Hinter seinen Kulissen wird ganz subjektiv über Qualitäten gestritten, und sind auch die Kriterien dafür oft irrational und sehr persönlich, so spiegelt das Ergebnis doch immer die Summe aller Beteiligten wider. [...] Haldern-Pop Recordings investiert, weil seine Macher glauben.“

Was wollen wir mehr?

Um alle Bands/Musiker aufzuzählen, die ich toll fand auf diesem, dem 21. Haldern Pop, müsste ich eigentlich nur die Running Order beider Tage auflisten, minus dEUS vielleicht, die mich langweilten. Hier also nur meine persönlichen, speziellen Highlights: Amphibic, freundliche(!) Briten mit einer prima Cellistin; I Am Kloot aus Manchester, die mit ihrer zweiten, unbetitelten Platte die Hölle von einem Album abgeliefert haben; und zum Abschluss des ersten Tages als Sahnehäubchen obendrauf: Adam Green, ex-Moldy Peaches, jetzt mit eigener Band unterwegs: spöttischer, absurder Folk-Pop, ein bisschen Rock’n’Roll, und eine großartige Bühnenpräsenz: ist er völlig dicht, nur reichlich desinteressiert, wirklich so cool oder lediglich ein guter Schauspieler? Letztlich ist er einfach ein exzellenter Entertainer, dem ich stundenlang hätte zusehen können.

Am Samstag gegen Abend dann eine sehr, sehr große Band: die Kings of Leon mit ihrem fetten Schweinerock Bj. 1973, der so in die Beine und gleichzeitig in den Kopf fährt, dass alles andere für eine kurze Zeit völlig egal ist. Und als ich dachte, wie seltsam es doch sei, dass ausgerechnet zwei Acts aus den USA - Adam Green und Kings of Leon - diesem doch sehr „britischen“ (meint hier: Großbritannien, Irland, Schweden...) Festival ihren Stempel aufdrücken, da schlug das Empire geballt zurück: Modfather Paul Weller zeigte den Burschen, wo der Hammer hängt: Heavy Soul vom Meister, und zwei der alten Jam-Nummern: „That’s Entertainment“ und „Town Called Malice“. Danach legte Neil Hannon (The Divine Comedy) noch einen drauf. Begleitet von einem ganzen Orchester und ausgestattet mit jenem Humor, den nur die Insulaner ihr eigen nennen können, verzückte er diejenigen, die ausgeharrt hatten, mit großen Gesten zu kleiner, großer Musik.

Das war Haldern 2004. Den Veranstaltern sei Dank; und sie dürfen sich ruhig mal selbst auf die Schultern klopfen, weil es nämlich wirklich stimmt: Pop-Musik hat ein Zuhause.

 

 

 

 


Haldern Pop 2004:
Freitag, 6. August, Freiluftbühne:
Amphibic (GB) – Hal (IRL) – Ghinzu (B) – Nicolai Dunger (S) – I Am Kloot (GB) – dEUS (B) – Starsailor (GB) – Adam Green (US).


Samstag, 7. August, Freiluftbühne:
Gisli (ISL/N) – Patrick Wolf (GB) – South (GB) – Embrace (GB) – The Soundtrack of Our Lives (S) – Keane (GB) – Kings of Leon (US) – José Gonzáles (S) - Paul Weller (GB) – The Divine Comedy (GB).

www.haldern-pop.de

 

 


P.S.:
>Ich war 2004 in Haldern
>Paul Weller spielte 2004 in Haldern
>St. Pauli gewann 2004 sein Saisonauftaktspiel
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>Ich war zuletzt im Jahr 2000 in Haldern
>Paul Weller spielte zuletzt im Jahr 2000 in Haldern
>St. Pauli gewann zuletzt im Jahr 2000 ein Saisonauftaktspiel...
und ist in jener Saison aufgestiegen...

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