autor: alteheide 09.06.03
Viel Spaß!
Am meisten hasse ich es, wenn mir jemand Viel Spaß wünscht. Egal, was man tut oder wohin man geht, immer wünschen einem die Leute viel Spaß. Einerlei, ob ich mich in die Kneipe begebe oder in die Nachtschicht oder zum Zahnarzt oder zu Penny. Meint irgendjemand ernsthaft, dass man nachts auf der Arbeit auch nur im geringsten Maße Spaß haben könnte?
Viel Spaß scheint sich seltsamer- und widersinnigerweise als
die Abschiedsformel unserer Zeit etabliert zu haben. Ohne, dass ich
den Zeitpunkt ihrer Machtergreifung genau benennen könnte. Wahrscheinlich
habe ich just in diesem Moment nicht aufmerksam genug RTL2 geglotzt. Tschüss,
Bis bald, Servus, Auf Wiedersehen etc.: wo seid ihr geblieben? Seid
ihr im Urlaub? Oder dauerhaft verschwunden? In einem Land, in dem es noch
etwas gibt, das man nicht ins Englische übersetzen oder sonstwie sprachlich
verhunzen kann? In dem den Leuten keine wie auch immer ge-, besser: entartete
Agentur zur Verfügung steht, die ihnen sagt, was sie unbedingt brauchen,
um voll dabei sein zu können. Ich würde mich nicht
wundern, wenn es so wäre. Geht euch jetzt bestimmt besser da.
Oder? Weniger (Di)Stress, keine Notebooks und auch keine DVDs, die sich
48 Stunden nach Erstgebrauch von selbst zerstören. Keine Aral-Shops,
kein Coffee to go, keine Silver Goals. Keine Recration Areas. Keine Leute,
die morgens um halb sieben schon am Joggen sind. Kein Rigo oder Smirnoff
Ice oder Becks Gold. Kein Morning Man Mike. Keine Exekutivkomitees. Keine
bahn.comfort-Kunden. Keine Wellness-Wochenenden und anti-aging-Cremes, Aquaparks
und Fitness-Center. Keine 20jährigen mit Saurierkammfrisuren, die einen
von Plakatwänden herunter anplärren: FUN! FUN! FUN! Keine Comedians,
keine Sequels, keine Free-TV-Premieren. Keine Business-Class. Keine linksdrehenden
Joghurtkulturen. Keine Snacks, Bagels, Subway Sandwiches. Keine Getränke
mit Würmern drin. Keine Cross-Promotion. Keine Superstars.
Keine Liquiditätsengpässe. Keine Lizenzentzüge. Keine Insolvenzen.