autor: zerstoerer 01.03.04

Stürmen für Deutschland
Dirk Bitzer, Bernd Wilting
(Campus)

Laut Untertitel soll es in dem Buch eigentlich nur um “Die Geschichte des Deutschen Fußballs von 1933 bis 1945“ gehen. Tatsächlich setzen die Autoren aber schon um die Jahrhundertwende an, als Fußball noch als „Fußlümmelei“ geschmäht wurde, und schließen erst nach dem Weltmeistertitel 1954.
„Stürmen für Deutschland“ ist jedoch keine Häufung statistischer Daten und erst Recht keine Ansammlung von Spielberichten aus dieser Zeit. Viel mehr geht es um die Rahmenbedingungen – erster Weltkrieg, die Zeit des Nationalsozialismus und die Nachkriegszeit – mit denen der Fußball über die Jahre zu kämpfen hatte und die Art und Weise, mit der Fußball zu Propagandazwecken missbraucht wurde.
Die Rolle einzelner Vereine – nämlich Bayern und 1860 München, Eintracht Frankfurt, Schalke 04 und Dresdner SC - in der Nazizeit wird dabei ebenso näher beleuchtet wie die spielende Leichtigkeit, mit der einige DFB-Funktionäre die Entnazifizierungsprozesse umgingen, das braune Parteibuch gegen die Unschuld in Person tauschten und sich schon bald wieder an der Spitze des wiedergegründeten DFB einnisteten.
Insgesamt vermittelt das Buch den Eindruck recht mühsam recherchierter Bruchstücke. Der Rote Faden fehlt ein wenig. Erstaunlich ist auch, dass ausgerechnet dem Verein aus der Stadt der Reichsparteitage, dem 1.FC Nürnberg überhaupt kein Wort gewidmet ist, obwohl die Nürnberger laut anderer Quelle noch vor allen anderen Klubs Juden aus dem Verein verwiesen.
Dafür wird mit zwei Vorurteilen aufgeräumt. Zuschauerausschreitungen und Kommerzialisierung sind keine Erscheinungen der Gegenwart, sondern alte Hüte im Fußballsport. Faktisch erhielten Fußballspieler in Deutschland – wenn auch inoffiziell - schon immer Geld für ihr Wirken. Schon dem späteren Weltmeistermacher Sepp Herberger wurde zum Beispiel in den zwanziger Jahren ein Vereinswechsel finanziell schmackhaft gemacht. Und Ausschreitungen auf den Rängen – zunächst bei internationalen Spielen - gab es bereits vor dem zweiten Weltkrieg, als die außenpolitischen Spannungen langsam zunahmen.
Fazit: Für Fußballfans die sich auch ein wenig für Geschichte interessieren uneingeschränkt empfehlenswert.

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