München,
den 10.04.2004
Coca Cola GmbH
Presseabteilung / Öffentlichkeitsarbeit
Postfach 04 03 08
10062 Berlin
Wie sieht die Gesellschaft aus, als deren Partner Sie sich verstehen?
Sehr geehrte Damen und
Herren,
das Unternehmen Coca Cola ist mir bis dato vor allem durch zahlreiche Sponsoringaktivitäten
in verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen, z. B. Sport, Kultur und Musik,
bekannt. Laut Ihrer Internetpräsenz ist Überall wo wir Geschäfte
betreiben, verstehen wir uns als Partner der Gesellschaft. die handlungsleitende
Maxime der Sponsoringaktivitäten von Coca Cola. Dabei hatte ich jedoch
nie den Eindruck, dass das Unternehmen zu deutlich eine politische, zudem
noch politisch fragwürdige, Richtung unterstützt.
Ganz gewiss wäre
ich noch immer dieser Meinung, hätte ich am 27. März 2004 nicht
auf dem Sportsender DSF die Fußballsendung Bundesliga
der Sonntag verfolgt. Im Rahmen seiner Vorberichterstattung zum Spiel
VfB Stuttgart Werder Bremen zeigte oben genannter Fernsehsender auch
Beiträge vom Coca Cola-Fanmobil.
Den Aufhänger stellte die Frage, ob der VfB-Spieler Timo Hildebrand
auch das Tor der deutschen Fußballnationalmannschaft hüten sollte.
Zu dieser Frage durften sich auch vier VfB-Fans, die ganz offensichtlich
als Rechtsradikale zu erkennen waren, äußern. Ihre politische
Orientierung, bzw. ihre absolute Dummheit, stellten diese Fans
durch das Tragen von einschlägigen Schals zur Schau. Auf drei Schals
war deutlich die Reichskriegsflagge zu erkennen, während der vierte
Schal die Farben schwarz-weiß-rot hatte und selbigen die Aufschrift
Deutschland-Power zierte.
Das öffentliche Zeigen der Reichskriegsflagge ist in einigen Bundesländern
(Sachsen-Anhalt, Nordrhein-Westfalen, Berlin, Brandenburg, Rheinland-Pfalz,
Hessen und Saarland) verboten. In anderen gilt sie unter Umständen
(z. B. bei Demonstrationen) als Gefahr für die öffentliche Ordnung.
Auf jeden Fall bleibt festzuhalten, dass Flaggen, die in irgendeiner Kombination
die Farben schwarz-weiß-rot beinhalten, in den letzten Jahren vermehrt
von Rechtsextremen verwendet werden. Rechtsradikalismus in deutschen Fußballstadien
ist ein schwerwiegendes Problem und hat sich in den letzten Jahren weiter
verschärft (vgl. Spiegel online vom 25. März: Rechte Fußballfans
Ungeheuerliches Totschweigen).
Das DSF bietet zusammen mit Coca Cola rechtsorientierten Fußballfans,
leider die Meinungsführer in vielen Fankurven, eine Plattform für
unterschwellige Politpropaganda und eröffnet ihnen eine Breitenwirkung,
von der sie gemeinhin nur träumen können. Damit wird die bereits
weit fortgeschrittene Etablierung von rechten Symbolen in deutschen Fußballstadien
unterstützt und macht diese Symbole über kurz oder lang salonfähig
bis hin zur Haupttribüne.
Die Crux an dieser Geschichte ist ja, dass die oben geschilderten Bilder
unkommentiert blieben. Weder der Moderator, Frank Buschmann, noch der Studiogast,
Willi Lemke, reagierten dieser Sache gegenüber angemessen. Keiner kam
auf die Idee diese Bilder zu verurteilen und diese Möglichkeit dazu
zu nutzen, die bestehenden Missstände in den Stadien anzusprechen.
Dieses Verhalten nach dem Motto Was ich nicht sehe, existiert auch
nicht ist beschämend für die beteiligten Personen, die beteiligten
Fernsehsender und deren Sponsoren.
Ich fordere von Ihnen und Ihrem Unternehmen Einfluss auf Ihren Partner DSF
auszuüben, solche Darstellungen künftig nicht mehr unkommentiert
einem Millionenpublikum (und damit auch Ihren Stakeholdern) vorzusetzen,
eine Entschuldigung in der nächsten Ausgabe von Bundesliga
der Sonntag und für die Zukunft ein sensibilisierteres Bewusstsein
für die Politik in den Fußballstadien. Alles andere wäre
der Schwere des Vergehens nicht angemessen.
Als einer der großen Sponsoren der kommenden Fußballweltmeisterschaft
in Deutschland sollten Sie sich Ihrer gesamtgesellschaftlichen Verantwortung
besser bewusst sein oder wollen Sie bei der WM 2006 wieder die erste Strophe
des Deutschland-Liedes in den Stadien erklingen hören? Oder ist es
gar eine solche Gesellschaft als deren Partner Sie sich bei Ihren Geschäften
verstehen? Ich will es nicht hoffen.
Ein über so viel Unwissenheit (oder ist es gar Dummheit?) bestürzter
Fußball-Fan, der sich mit diesen Zuständen, und dem medialen
Umgang damit, nicht abfinden will.
Mit freundlichen Grüßen