autor: alteheide 07.10.04

ORF 1

In München zu leben ist bekanntlich bisweilen ein großes Ärgernis: die Mieten sind hoch und die Leute schwachsinnig, die Polizei ist überall; und wenn man am Montag nachts um halb zwei noch in eine Kneipe will, aus der man nicht sofort wieder herausgeprügelt wird, dann darf man erst mal ne gute Stunde suchen. Außerdem sind in dieser Stadt die Semmeln viel zu teuer.

Aber München hat nicht nur schlechte Seiten. Nein: Man kann hier den Österreichischen Rundfunk empfangen, beide Programme, über Antenne. Besonders ORF 1, der Sender, der vor Jahren aus dem Kabelnetz genommen wurde, weil er zu gut ist, ist eine reine Wohltat. Denn erst er macht die Champions League erträglich. Während bei SAT. 1 Hansch oder Wontorra oder irgendein anderer abgehalfterter Semi-„Promi“ zwischen zwei Gala- oder Kaufhausauftritten mal eben ein Fußballspiel kommentieren darf, dabei x-mal Zweikampf- oder Abseitssituationen falsch sieht und mehr Phrasen drischt als Lothar Matthäus in seiner gesamten Zeit bei Bayern München, bleibt man in Österreich ruhig und sachlich, bewertet fundiert, liefert trocken-humorvolle Anmerkungen, fernab von jeglicher Art von Geschwätzigkeit. Es kommt einem beinahe so vor, als ob die ORF-Kommentatoren in erster Linie nicht sich selbst, sondern doch tatsächlich den Fußball lieben. Und Herbert „Schneckerl“ Prohaska ist ein Experte, der diesen Namen auch tatsächlich verdient.

 

Das Schneckerl
Quelle: superfund.com


Überhaupt: dieses herrliche Vokabular! Ein „Schupferl“ hier, ein „Ferserl“ da – vom berühmten „Stangerl[=Quer]pass“ ganz zu schweigen. Und als kürzlich in der Anmoderation zum Spiel zwischen dem PSV Eindhoven und Panathinaikos die Rede davon war, dass dort der österreichische Schiedsrichter Konrad Plautz „sein Pfeiferl schwingt“, bin ich zum Fenster gerannt und habe ein von ganzem Herzen kommendes „Danke, München!“ in den Nachthimmel gerufen.

Danke für nichts. Außer dafür, dass Du nicht weit weg liegst von Österreich.

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