autor: zerstoerer 21.11.05

Fischsemmeljachd in Südschweden ­ Oder: Eine andere Welt ist möglich


Alles richtig gemacht und das Club-Heimspiel gegen Bielefeld gegen eine Hamburg-Fahrt getauscht. Aber selbst wenn der Club nicht in den Minuten 88 und 90 das Spiel gegen die Mannschaft aus der Stadt, die es in Wirklichkeit gar nicht gibt, noch vergeigt hätte, Hamburg wäre trotzdem die bessere Wahl gewesen. Hier der Rechenschaftsbericht... ;-)

Freitag, 21.10.05, 0.40 Uhr: Ankunft in Hamburg-Altona mit einem großen deutschen Eisenbahnunternehmen. Werde von alteheide und ohneblinddarm empfangen. Auf Grund der bevorstehenden Strapazen begeben wir uns umgehend in unser Basislager, trinken noch ein Astra und legen uns flach.
Muss zum Einschlafen eine Folge der ??? über mich ergehen lassen. Während alteheide nach höchstens zwei Minuten sägt, rege ich mich so sehr über den Oberbesserwisser Justus Jonas auf, dass mein Puls auf 290 steigt und den Sandmann in die Flucht schlägt. Erst als das Hörspiel vorbei ist, tut er seine Pflicht.

Ca. 10.00 Uhr: Aufstehen. alteheide lässt es sich nicht nehmen, dem Friseur in der Nähe einen Besuch abzustatten. Frisch frisiert stellt er selbst die Lichtgestalt in den Schatten!
Danach geht’s ab zum Frühstück. Die MOPO widmet in der Freitags-Ausgabe, die in dem Cafe ausliegt, eine Viertelseite dem Clubpräsidenten Michael A. Roth. Der sagt über sich selbst, er ließe sich nicht mehr reinreden und wolle Trainer Wolfgang Wolf nicht feuern. Dass Roth in einer Hamburger Zeitung eine Rolle spielt wundert mich. Er scheint außerhalb Frankens berüchtigter zu sein als bei uns...

12.38 Uhr: Habe soeben in der Wohltatschen Buchhandlung das Buch mit dem Titel „Eine Andere Welt ist möglich“ für einen Euro käuflich erworben. 383 DIN A 5-Seiten für nur einen Euro, da ist völlig egal, was drinnen steht... Schon der illusionäre Titel ist den Euro wert.
Zu diesem Zeitpunkt ist alteheide und mir noch nicht klar, dass „Eine andere Welt ist möglich“ für die nächsten 48 Stunden das passende Motto sein wird.

Ca.13.00 Uhr: Machen einen Rundgang durch Speicherstadt und Hafencity und suchen vor allem das Miniatur Wunderland auf mit der größten Modellbahn der Welt. Ein Display kurz hinter der Eingangstür zeigt 35 Minuten Wartezeit an. Als wir die Türschwelle übertreten, springt es sofort auf 40 um... Danke! Die Luft im Raum ist so stickig, dass wir unser Vorhaben abbrechen müssen, um Gesundheitsschäden zu vermeiden.

Ca. 14.00 Uhr: Wir gurken mit der HVV-Fähre durch den Hafen, nicht ohne vor der Abfahrt noch ein Photo von Odin I zu machen. Was für ein Teufelskapitän hat sich nur diesen Namen ausgedacht. Meine Sympathie hat er jedenfalls.

 



teufelskerl

Ca. 14.15 Uhr: Die Nähe zum Meer und zum Hamburger Fischmarkt ruft bei mir zum ersten mal das Bedürfnis nach einer Fischsemmel (auch: Fischbrötchen) hervor. Sollte eigentlich kein Problem sein. Oder doch?

15.00 Uhr: Wir irren ziellos durch die Straßen und suchen nach Gründen, die das erste Bier rechtfertigen.

15.30 Uhr: Noch immer bin ich vergeblich auf der Suche nach einer Fischsemmel. Fehlanzeige. Ich entscheide mich alternativ für eine Kentucky Fried Chicken-Filiale. Gibt´s ja auch nicht in jeder Großstadt...

16.00 Uhr: Die erfolglose Suche nach einer Fischsemmel rechtfertigt das erste Bier des Tages ganz locker. Also gehen wir auf ein Astra ins „St. Pauli-Eck“. Vier Briten betreten die Kneipe und belagern den Tresen. Einer, der unserem Tisch den Hintern zuwendet, meint, sich mit einem unglaublichen Furz profilieren zu müssen. Kurze Zeit später suchen wir deshalb den St. Pauli Fanladen auf.

18.00 Uhr: Wir lungern auf der Straße rum, beobachten die Szene und trinken Astra.




verkehrshinweis

21.00 Uhr: Wir betreten eine leere Kneipe nahe dem kdw und erfahren, dass sich hier die Stammgäste telefonisch abmelden, wenn sie nicht kommen. Heute muss das Telefon bis kurz vor unserer Ankunft ununterbrochen geklingelt haben. alteheide klärt die Barkeeperin auf, dass das nur an dem Superpunk-Konzert im kdw und dem Westernhagen-Konzert in der Color Line Arena liegen könne. Er liegt bedauerlicher Weise daneben, weil Westernhagen krank im Bett liegt, wie die MOPO am nächsten Tag zu verkünden weiß...

22.00 Uhr: Geben uns im kdw eine Supportband und DVD-Präsentation von Superpunk mit anschließendem Konzert. Mir gefällt es eher weniger als mehr und mein Drang, von Zeit zu Zeit meinen musikalischen Horizont zu erweitern, erhält einen empfindlichen Dämpfer. Nehme eine Auszeit und schalte ab.
altonasbeste, die inzwischen zu uns gestoßen ist, echauffiert sich über das ununterbrochen knutschende Paar mit den beiden unglaublich großen Köpfen, welches Ihr die Sicht versperrt. Nach zwei Dritteln des Konzerts räumen die Beiden das Feld vorzeitig, gehen höchstwahrscheinlich zum Gemüsehändler und tätigen Einkäufe für den nächsten Tag...

Samstag, 22.10.05, ca. 2.00 Uhr: Wir sind im Roschinski’s angekommen, wo wir noch den etwas anderen k&k-sturm treffen, und außerdem noch casigordo, den libero und fünfzigfünfzig erwarten, die mit dem Auto anreisen.
Die Situation in der brechend vollen Kneipe eskaliert fast, als alteheide in seiner Tasche einen 20 €-Schein sucht, dabei einen Kronkorken auf den Boden fallen lässt und ein friedlich aussehender Kneipenbesucher diesen aufhebt. Als alteheide den Schein nicht mehr findet, geht er davon aus, dass er auch diesen hat fallen lassen und bezichtigt den friedlich aussehenden Kneipenbesucher umgehen des Diebstahls seine sauer verdienten Kröten.
Ich beobachte die Szene nur aus der Entfernung und habe deswegen von auf den Boden fallenden Gegenständen eigentlich gar nichts mitbekommen. Nur, dass es um den unrechtmäßigen Erwerb eines 20 €-Scheins geht, finde ich irgendwie heraus. Im vollen Vertauen auf alteheides Urteilskraft beschließe ich nach kurzem Abwägen, ihm heroisch zu Hilfe zu eilen, mich einzumischen und den friedlich aussehenden Kneipenbesucher durch ein plötzliche 2:1-Überzahl in die Enge zu treiben. Ich empfehle ihm, der leugnet, den Schein geraubt zu haben, diesen mal besser ganz schnell rüberzuschieben. Er weigert sich. Deutlich und laut schreie ich alteheide zu, was das doch für ein abgebrühter Typ sei (so laut, dass dieser es hören muss). Kurze Zeit später findet alteheide den 20 Euro-Schein... Der friedlich aussehende Kneipenbesucher hätte ja auch gleich zugeben können, dass er den 20 €-Schein nicht gestohlen hat...

Ca. 4.30 Uhr: Wir machen uns auf in eine weitere Kneipe. alteheide tanzt wie ein junges Reh in den Morgen.

Ca. 5.30 Uhr: Beschließen, den Heimweg per pedes zu absolvieren. Lassen uns noch zu einem Selbstauslöserphoto hinreißen. alteheide zieht sich fast einen Kreuzbandriss zu, als er sich nach Betätigung der Kamera in Pose stürzt.




hiphop

Ca. 6.00 Uhr: Erreichen das Basislager und fallen in einen tiefen Schlummer. Justus Jonas bleibt mir erspart.

Ca. 10.30 Uhr: Genug gepennt! Schlechten Laktatwerten zum Trotz machen wir uns auf den Weg zum Millerntor. Als Grundlage für den Tag müssen ein Schokocroissant und ein Cafe To Go herhalten, bevor uns das erste Astra in ruhiges Fahrwasser bringt.




frühstück_in_altona

Ca. 11.30 Uhr: Wir kommen an ein paar Zeitungskästen vorbei und reiben uns verwundert die Augen. Die MOPO hat uns in weiser Voraussicht die Schlagzeile gewidmet: WIE MACHEN SIE DAS NUR? UM 6 UHR IN DIE FALLE, UM 11 UHR SCHON WIEDER AUF DER PISTE! Das Hamburger Abendblatt hingegen titelt: JETZT SIND SIE ENDGÜLTIG DURCH. alteheide (bitte gib mir nur ein OOOH...) und zerstoerer völlig blau in Altona gesichtet.

Ca. 12.30 Uhr: Nach einem kurzen Abstecher zum Fanladen, machen wir uns auf den Weg zum Stadion und lungern davor ziellos herum. Nach stundenlanger Suche finde ich dann im Stadion völlig unerwartet einen Fischsemmelstand.

Ca. 14.00 Uhr: Anpfiff St. Pauli - Osnabrück. Den Spielbericht und Auskünfte zu liberos Senfkonsum gibt es unter http://www.rennen-graetschen-grasfressen.de/HTMLs/_Spielberichte/_2005_2006_hin/051022zerstoerer.html




meckerecke

16.00 Uhr: Wir gehen vor dem Stadion unserer Lieblingsbeschäftigung nach und trinken zur Abwechslung ein Bierchen.

17.14 Uhr: SMS: Bielefeld gleicht in Nürnberg aus.




zerstörter_zerstoerer

17.16 Uhr: Bielefeld gewinnt 3:2. Ich bin bedient.

17.30 Uhr: Machen uns auf den Weg ins Basislager, um vor der am Abend drohenden Party zu pausieren. der mad ist inzwischen auch mit an Bord. Muss erneut die ??? über mich ergehen lassen.

20.00 Uhr: Stehe auf und diagnostiziere Hundekacke unter meinem linken Doc Marten. Hat sich doch glatt ausgezahlt, die Schuhe vor der Tür zu platzieren.

21.30 Uhr: Machen uns mal wieder per Pedes auf den Weg zur Party. casigordo tritt unterwegs ebenfalls in Hundescheiße, was ihn aber nicht sonderlich aus der Ruhe bringt.

23.00 Uhr: Trotz netter Fete in einem übervollen Raum verbringen wir die meiste Zeit vor der Tür. Finde ein altes Stück Teppich im Freien, das die Hundekacke dankbar absorbiert. Wieder ein Problem gelöst.
alteheide entlockt mir einen Wunsch, der mir bis dahin selbst nicht bewusst war. Ich äußere, dass ich mich gerne mal wie eine Schweinehälfte fühlen würde, als er über Behandlungsmethoden von Rippenbrüchen doziert.
alteheide lässt sich von der Notwendigkeit überzeugen, für 10 € ein Saufband zu erwerben, das dem Besitzer den ganze Abend über Freibier garantiert. Begeistert gehen wir beide auf das Angebot ein. Kurze Zeit später kehrt Ernüchterung ein, als wir uns eingestehen müssen, dass wir den Break Even angesichts eines Bierpreises von 1 € und bereits zwei Bier vor Erwerb des Saufbandes wohl nicht mehr erreichen werden.
Wir beziehen nach einiger Zeit Posten am Einfahrtstor zum Partygelände und stellen empirische Untersuchungen über die Beschaffenheit per Taxi anreisender Gäste an. Einige Leute beäugen uns eigenartig, manche befragen uns sogar mit besorgtem Unterton, während wir uns auch unter zunehmenden Alkoholeinfluss für ganz normal halten

Sonntag, 23.10.05, ca. 4.30 h: Kompromisslos überrede ich alteheide, das Wochenende, an dem eine andere Welt möglich war, zu beschließen und sich auf den Heimweg ins Basislager zu machen.



alles_kaputt

Danks, Undanks und Grußs:

Dank:
an die Frau ohne Lippen für die Kippen (höhöhö...)
altonasbeste für ihr Dach über unserem Kopf
dem Fischsemmelstand hinter der Gegengerade
dem Stück Teppich, dass sich der Hundekacke angenommen hat

Undank:
allen Hundehaufen dieser Welt
dem Club, der als einziger versuchte, das Wochenende zu torpedieren
dem friedlich aussehenden Kneipenbesucher, weil er sich einfach falsch verhalten hat
dem Briten für den Furz

Gruß:
an Kathrin und Kristina, Hamburgs Antwort auf Klose&Klasnic
an Sascha: nicht nur Köln kassiert auswärts gern mal sechs Kisten. Bis zur Biergarteneröffnung!
an Hajo, den Verkäufer des Saufbandes: Das Konzept hat mehr Zukunft, als die große Koalition glaubt

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