autor: philantrop/ali 09.11.02

RAN gegen uns

FC Bayern München ­ BVB 09 Borussia Dortmund AG 2:1
Samstag, 09.11.2002, 18:02 Uhr, Sat 1, Reporter: Jörg Dahlmann

Standort: Little Holland

Nachdem Wonti seine ran-Jüngergemeinde begrüßt, und die ersten Phrasen über den Spieltag gedroschen hat, ging's auch schon los. --------- Mit der ersten Berichterstattung? Mitnichten, sondern mit Vorbericht Nr.1 über Super FCB against BVB AG, dem Topereignis des heutigen Spieltags und nebenbei der Boulevardpressehauptschlagzeile der letzten Woche.

Bayernmünchengegenborussiadortmundag, die ganze Welt schien an diesem Samstagnachmittag auf das Münchener Olympiastadion reduziert. Erster gegen zweiter, das Schlagerspiel der Bundesliega.

Nur drei Tage nach dem spektakulären 2:1 Erfolg über Hannover 96 konnte sich der Fcbayernmünchen erneut über einen Überlangen Bericht im TV freuen, der seine Werbepartner lange genug ins rechte Licht rückte. Allein die Berichterstattung über die ersten 15 Minuten dieses Spiels dauerte länger, als die Berichte über die Begegnungen HSV ­ 1860 und Bielefeld ­ Nürnberg zusammen. Aber was sind die Siege zweier Traditionsvereine gegen die Sorgenfalten von Ottmar Hitzfeld geworden. Siemens Handy, der erste Blickkontakt der Spieler von T-D1 mit dem E-ON Männchen.

O'Ton Jörg Dahlmann:
"Da bekommt der Frings rot, was macht Sammer? Er lacht, da lacht Sammer, er ist am Lachen. Viele Spiele vorher, wo es wirklich positiv für die Mannschaft lief, verzog er seine Miene. Nun lacht er und wie er lacht. Bei einer roten Karte für Frings, ist denn das die Möglichkeit."

Ein Kommentar, begleitet von vielen bunten ran-Bildern, etwa so lang gehalten wie der halbe Bericht HSV-1860. Natürlich aber viel interessanter.

Wen interessiert der HSV, der noch nie abgestiegen ist? Wen interessiert der FCN, der neun deutsche Meisterschaften errang? Wen interessiert 1860 außer den Boulevardblättern Münchens zur Auflagensteigerung? Wen interessiert der Rest der Liga?
Das ist doch alles nichts im Vergleich zu Bayern und Dortmund und deren Werbepartner.

Wir leben in einer Gesellschaft, in der der Hype ums Hippe den Unterschied ausmacht, ob man nun Hip ist oder Hop.
Der/die Hippe kann alles haben: Spaß, Geld, Liebe, Macht, geile Autos, fette Wohnungen, Ansehen und Ruhm, aber außerdem noch ne Fernsehshow bei Sat1 und Werbepartner ohne Ende.

Der Rest hat evtl. auch alles, aber ohne Werbepartner und Fernsehshow. Oder er/sie hat nichts, was genauso schlimm ist wie mit ohne Werbepartner.
Um rauszufinden, wie Hip man denn nun ist, so sollte man kurz in sich gehen. Die Antwort ist nach offiziellen Wir-Machen-Sowieso-Den-Trend Fernsehsendern sehr einfach. Fans vom Super-FCB sind Hip, der Rest von Fußballdeutschland ist alles andere, aber nicht Hip und somit nicht ernst zu nehmen.

Du wirst verniedlicht, ich werde verniedlicht. Ich bin Fan vom 1.FC Nürnberg. Der Club spielt seit Wochen mit verhältnismäßig geringen Mitteln eine riesen Saison.
Aber was ist? Der Club hat heute in Bielefeld die Punkte 14-16 eingefahren. Fast die Hälfte der Gesamtpunktzahl der letzten Saison. Es ist egal, ob ein 34jähriger Mazedonier drei Tore im Pokal gegen Offenbach macht. Wäre das dem Elber gelungen, der Rest der Liga wäre mit noch kürzeren Sendezeiten bedacht worden.

Ja, wenn man mal Bayer Leverkusen schlägt, dann bekommt man etwas von der Aufmerksamkeit ab. Aber ein 1:0 in Bielefeld einer Mannschaft, die sich beständig zu steigern scheint? Nicht mal ein Statement ist es Sat1 wert.
Am Ende wird man noch als Trottel (siehe FCN ­ M'gladbach am 2.11.2002) dargestellt. Aber Handys oder Strom lassen sich mit meiner Mannschaft scheinbar nicht gut genug verkaufen.
Deshalb schien eine ausgewogene Berichterstattung über diesen Spieltag auch nicht möglich.

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